Top 3 Herausforderungen für Expats: Teil 1

Das Arbeiten im Ausland kann sehr herausfordernd sein. In dieser Serie findest du die – aus meiner Sicht – Top 3 Stressoren für Expats und Wege, wie man damit umgehen kann: Teil 1 Stress.

Lange Arbeitszeiten, der Druck sich beweisen zu müssen und wenig Ausgleich führen bei vielen Expats zu Stress. In einer Studie (*) gaben über 50% der Expats an überarbeitet zu sein. Dabei arbeiteten sie durchschnittlich 13,4 Stunden die Woche mehr, als ihre Vergleichsgruppe im Heimatland. Außerdem erhöht die Rund-um-die-Uhr-Erreichbarkeit durch Smartphones den Druck. Zusätzlich ist Stress ein Risikofaktor für körperliche und psychische Erkrankungen (*).

die Dreifaltigkeit

Kaluza (*) hat Stress auf Grundlage des transaktionalen Stressmodells betrachtet und drei verschiedene Ebenen beschrieben: den Stressor, die persönlichen Stressverstärker und die eigene körperliche und psychische Stressreaktion (siehe Abbildung). Der Stressor ist der äußere Stressauslöser z.B. Konflikte oder Fristen. Persönliche Stressverstärker sind Gedanken, Bewertungen oder Ansprüche, die die Situation noch weiter anheizen. Die Stressreaktion sind die psychischen und körperlichen Beeinträchtigung, wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen etc. Betrachtet man alle drei Ebenen, lässt sich Stress durch instrumentelle, mentale und regenerative Kompetenzen begegnen.


Stressmodell nach Kaluza

Abbildung in Anlehnung an Kaluza (*)

Was kann man gegen Stress tun? Im Folgenden findest du Beispielübungen aus meinen Coachings, die deine Kompetenzen auf allen drei Ebenen erweitern können. Wichtig ist, dass die Methode zu dir und deinem Arbeitsalltag passt.

von Eisenhower lernen

Angenommen die stressauslösende Situation – also der Stressor – ist ein erhöhtes Arbeitsaufkommen durch eine Abgabefrist. Eine instrumentelle Stresskompetenz ist z.B. das Priorisieren von Aufgaben. Damit kannst du die Abgabefrist zwar nicht verlängern, aber das Organisieren deiner Aufgaben kann die Situation übersichtlicher machen und deine Arbeitstage werden effektiver.

Ein regelrechter Klassiker zum Priorisieren ist das Eisenhower-Prinzip (*). Dabei sortierst du deine Aufgaben auf zwei Achsen: Wichtigkeit und Dringlichkeit (siehe Abbildung).

Eisenhower Matrix

Eisenhower Matrix (*)

Es gibt Aufgaben, die sind sowohl wichtig als auch dringend. Diese solltest du zuerst erledigen. Das Prinzip sieht vor, dass Aufgaben, die dringend, aber nicht wichtig sind delegiert werden. Die Umsetzung ist natürlich von deiner Position abhängig. Wenn du die Aufgabe an niemanden weitergeben kannst, erledige sie direkt nach den wichtigsten To-Dos. Es gibt andere Aufgaben, die zwar wichtig, aber nicht dringend sind. Sie können also verschoben werden – am besten terminierst du sie. Aufgaben, die weder wichtig noch dringend sind, landen im mentalen Papierkorb.

Mit dieser einfachen Matrix kannst du deinen Tag starten und dir einen Überblick verschaffen. Wenn du eher auf "Zuruf" arbeitest, ist das Vorgehen wahrscheinlich ungeeignet und du bräuchtest ein agileres Verfahren. Entweder du suchst dir eine andere Priorisierungstechnik (*) oder du versuchst es mit einer der nächsten Übungen

der innere Buddha

“All that we are, is the result of what we have thought.” ~ Buddha
Die mentale Stresskompetenz ist, unabhängig von der Aufgabenstruktur, für alle relevant. Persönliche Stressverstärker sind vor allem negative Gedanken und überhöhte Ansprüche (*) z.B.:

~ Sei perfekt! − Leistungsmotiv
~ Sei beliebt! − Anschlussmotiv
~ Sei stark! − Autonomiemotiv

Starte mit einer Selbstreflexion. Welche negativen Grundannahmen begleiten dich durch deinen Tag? Welche Glaubenssätze hast du in deinem Leben implementiert? Mach sie dir bewusst und nehme sie wahr.

Im zweiten Schritt kannst du neue förderliche Gedanken entwickeln. Dafür schauen wir zum Buddhismus. Mach dir das Positive, Erfreuliche, Gelungene bewusst und überlege, für was du Dankbarkeit empfindest. Starte deinen Tag mit positiven Gedanken und Zielen und formuliere diese in Ich-Form › “Ich werde heute überzeugen” › “Ich bin ausgeglichen” › "Ich schaffe es heute NEIN zu sagen". Mehr dazu in meinen Artikel zur Morgenroutine (*).

Die dritte Ebene, die regenerative Stresskompetenz, beinhaltet Bewegung, Achtsamkeit und Entspannung. Welcher Sport dir hilft abzuschalten und dich selbst zu spüren, weißt du am besten selbst – z.B. joggen an der frischen Luft, Yoga oder ein Boxkurs.

Ein guter Einstieg zur Entspannung, ist der Bodyscan von Jon Kabat-Zinn (*). Die Übung entstammt aus einer der ältesten buddhistischen Meditationsformen, dem Vipassanā. Hierbei konzentrierst du dich nacheinander auf verschiedene Körperteile. Beginnend mit den Zehen, über die Füße, bis zum Scheitel wird die Aufmerksamkeit jeweils auf einen ganz bestimmten Teil des Körpers gerichtet. Eine Audioanleitung dazu findest du hier (*). Viele finden es schwierig im akuten Stress mit solch einer Übung zu beginnen. Schnell wandert die Aufmerksamkeit weg vom Körper, hin zu den langen To-Do Listen. Aber mit ein wenig Übung und Regelmäßigkeit kannst du lernen, dir diese Auszeiten zu nehmen und deine Gedanken weniger zu bewerten.

Hoffentlich konntest du Anregungen für deinen Alltag finden. Denn schon kleine Veränderungen können in einigen Situationen hilfreich sein. Solltest du jedoch chronisch unter Stress leiden, lohnt es sich die Gesamtsituation genauer zu betrachten und diese gezielt zu verändern.

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Dipl.-Psych. Benthe Untiedt